Nils Fliegner

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Geboren am 5.5.1966 in Westerland/Sylt. Schule, Zivildienst, Studium in Bremen. Fliegner lebt und arbeitet in Hamburg-St.Pauli.

Ab 1986 erste Beiträge für MAD.

Nach MAD ist Fliegner Erfolgreicher Illustrator. Titelbilder für den Spiegel, Illustrationen für Hörzu, Dein Spiegel, Stern sowie für mehr als 150 Büchern.

Nils Fliegner’s Webseite

Bibliographie (Auswahl):

  • Panel (Comics für die ersten Ausgaben)
  • rAd ab! Band 1 (Leue Verlag, Berlin 1987)
  • HaHa-Comics ( von Fliegner Herausgegeben und Illustriert)
  • Ich jagte Jack the Ripper (Jam Comic von Strapazin, 2004)
  • Mathematicks (mit Robert Griesbeck, Boje Verlag)
  • Mehr Mathematicks: Denken macht Spass (mit Robert Griesbeck, Boje Verlag, 2009)
  • Trickphysik: Schräge Experimente und Schweine schlaue Tricks (mit Robert Griesbeck, Boje Verlag, 2010)
  • Trickchemie: Schräge Experimente und Schweine schlaue Tricks (mit Robert Griesbeck, Boje Verlag, 2011)
  • Aula-Wissenschaft für neugierige Kinder (mit Ralf Caspary, Boje Verlag, 2008)
  • Die fliegende Katze: 100 Kuriositäten aus dem Alltag (mit Sebastian Herrmann, Droemer/Knaur,2010)

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Was haben Sie vor Ihrer MAD Tätigkeit gemacht?

Nils Fliegner

Vorher bin ich zur Schule gegangen. Ich hatte gerade mein Abitur in der Tasche und wartete auf meinen Zivildienstplatz.
In der Zwischenzeit habe ich mich damals beim deutschen MAD beworben. Ich hatte das Magazin schon einige Jahre gelesen,
beim ersten Heft noch von heftigen Kopfschmerzen begleitet, die sich aber nach regelmäßiger Lektüre zum Glück legten.

Ich habe dann also versucht, mir selber einen Beitrag auszudenken (was ich sehr anstrengend fand) und mein Werk zu bebildern
(was mir viel Spaß gemacht hat). Dieser Text war, aus naheliegenden Gründen, das „Bundeswehr-Hassbuch“.

Diese Arbeit habe ich an Herbert Feuerstein gesandt, der dann tatsächlich anrief und den Beitrag bringen wollte.
Der Text wurde allerdings noch von Feuerstein oder Gunter Baars bearbeitet, weshalb dann als Autor Frank Vielmeister
angegeben war (= MAD-Pseudonym, wenn mehrere Autoren für einen Beitrag verantwortlich waren).

 

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Wie war Ihre künstlerische Ausbildung?

Nils Fliegner
Ich habe nach dem Zivildienst – also auch nach ca. 2 Jahren MAD-Mitarbeit – angefangen Grafik-Design zu studieren.

MADmag.de
Welche anderen Comics haben Sie gerne gelesen oder haben Sie in Ihrer
Arbeit beeinflußt?

Nils Fliegner
Viel amerikanisches MAD, Asterix, Tim und Struppi – die Klassiker halt.
Und dann die Nouvelle Ligne Claire, da besonders Yves Chaland.

MADmag.de
Haben Sie redaktionsmitglieder persönlich kennengelernt? (z.B. Feuerstein, Recht, Baars usw.)

Nils Fliegner
Gunter Baars habe ich öfter getroffen, Herbert Feuerstein insgesamt zweimal, glaube ich.
Bei einer Kurz-Visite in Klaus Rechts Villa in Hamburg war der Verleger selbst nicht da,
aber dafür zwei furchteinflößende dänische Riesendoggen. Unvergesslich (schauder)!

MADmag.de
Gab es strenge Vorgaben der Redaktion in Ihrer Arbeit oder konnten Sie frei arbeiten?

Nils Fliegner
Vorschriften gab es keine, außer lustige und MAD-typische Arbeiten zu liefern 😉
Hin und wieder hatte der Red. dann Änderungswünsche an einzelnen Motiven.
Da ich immer zuerst Bleistiftentwürfe gefaxt habe, waren die Korrekturen kein Problem.

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Gab es beim US-MAD Lieblingszeichner?

Nils Fliegner
Oh ja! Paul Coker, natürlich, und Al Jaffee (auch ein toller Autor!) und von der alten Garde Jack Davis und Wallace Wood.

MADmag.de
Würden Sie diese auch als Ihre Vorbilder bezeichnen? Viele Comic Künstler liessen sich von anderen Künstlern inspirieren oder entdeckten durch ihn sogar die Liebe zum Malen. Gibt es bei Ihnen auch solch einen Künstler?

Nils Fliegner

Ja unbedingt! Mein erster Einfluß war zwar Albert Uderzo, aber richtig eingestiegen in die Materie bin ich durch MAD.

Wobei mir immer diese Mischform aus reinem Comic (Bildsequenzen mit Sprechblasen) und eher illustrativen Beiträgen (separater Text
einem Bild zugeordnet) gut gefallen hat.

Und bis heute finde ich die Art, wie mit minimalen Grautönen maximale Wirkung erzeugt wurde inspirierend.

Anmerkung: Es handelte sich dabei um ein Verfahren namens Craftint/Duotone, dass ich am Rechner imitiere und das Ergebnis
sieht dann in etwa SO aus…

 

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Und beim Deutschen MAD?

Nils Fliegner
Besonders gut gefiel mir immer dieser Nils Fliegner. Toller Bursche, der!

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Jetzt mal ehrlich! Ohne grossen Neid, mussten Sie doch bestimmt die Arbeiten einer Ihrer Kollegen sehr geschätzt haben?

Nils Fliegner

Da waren natürlich gute Leute dabei! Aber weil sich die deutschen Zeichner in der Regel stilistisch an die Amerikaner angelehnt haben, also Fliegner > Coker, Astalos > Jaffee,
Trautmann > Norman Mingo etc. habe ich mich lieber an die Originale aus USA gehalten und keine deutschen Vorlieben entwickelt.

Ich mochte es allerdings immer wenn Zeichner (wie z. B. Astalos) auch selber Autoren waren – das ist mir nämlich oft schwergefallen.

 

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Gab es unter den deutschen Künstler vielleicht Konkurrenzdenken? Hat man versucht sich im künstlerischen Schaffen zu übertrumpfen?

Nils Fliegner
Konkurrenz eher nicht. Was mich angeht, habe ich mich von guten Beiträgen meiner Kollegen angespornt gefühlt, auch besonders schöne Arbeiten zu liefern.
Ich vermute mal, das ging den Anderen ähnlich – ich habe aber NIE einen zeichnenden Kollegen kennengelernt. Ist also eine reine Vermutung meinerseits…

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Haben Sie einen Lieblings Comic auf den Sie persönlich stolz sind?

Nils Fliegner
Am meisten habe ich mich natürlich über meinen Erstling gefreut.
Ansonsten gab es immer mal gelungenere und weniger gute Beiträge.
Hat hoffentlich aber keiner gemerkt, wenn’s mal nicht allererste Sahne war.

MADmag.de
Haben Sie einen Ihrer Comics im Gedächtnis, welches man lieber nicht hätte veröffentlichen sollen? Besonders Peinliche??

Nils Fliegner

Nee, da hat schon Feuerstein dafür gesorgt, das am Ende alles gut war, was veröffentlicht wurde! Es sollte dem Leser ja für sein Geld auch Qualitätsware geboten werden.
Es ist eher so, dass ich für mein Gefühl einfach manchmal ein besseres Händchen hatte und im Nachhinein einige meiner Werke verbesserungswürdig finde.

Aber das spielt sich im Mikrometer-Bereich und der Vorstellung des Zeichners ab. Ernsthaft minderwertige Arbeiten hätte Feuerstein sicher nicht toleriert und ich hätte mich auch
geschämt, nicht mein Bestmögliches zu liefern.

 

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Herbert Feuerstein sagte einmal in einem Interview, das er die Zeit beim Deutschen MAD für seine beste hielt! Stimmen Sie ihm da zu?

Nils Fliegner
Ach, ich fand auch seine Anfänge im TV ziemlich gut. Seit langem habe ich allerdings keinen Fernseher mehr,
deswegen entgeht mir gänzlich, was der Mann aktuell so macht.
Aber wahr ist, dass er natürlich bei MAD kulturell prägend für eine ganze Generation war – oder eine ganze Generation versaut hat,
je nach Standpunkt! Ich sage nur Hechel, hechel, sabber, sabber, lechz, lechz.
Ich finde, da hat er fast so eine Stellung wie die Donald Duck Übersetzerin Erika Fuchs.

MADmag.de
War es die MAD Zeit Ihre beste Schaffensphase oder nur „Training“ für Ihre wirklich grossen Werke?

Nils Fliegner
Eher Training: Ich war ja erst 19 und habe bei MAD mein Handwerk (ansatzweise) gelernt. Das Umfeld war für Veröffentlichungen fraglos ideal,
und die Zusammenarbeit mit Feuerstein & Baars immer sehr angenehm, aber ich bilde mir ein, dass ich in den letzten 25 Jahren
zeichnerisch doch noch etwas draufgesattelt habe!

MADmag.de
Es ist kein Geheimniss, das Deutsche MAD Zeichner alte US-Beiträge ins
Deutsche übertragen haben. Hatten Sie von der Redaktion Vorlagen
erhalten, woran Sie sich richten mußten?

Nils Fliegner

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals einen US-Beitrag in der Fuchtel hatte.
Das textliche besorgte meistens Gunter Baars, als Redaktions-Assistent. Und Zeichner – weiss nicht.
Grundsätzlich hätte der Verleger am liebsten natürlich einfach alle Originalbeiträge aus dem US-Heft übernommen,
schließlich hatte er ja teure Lizenzgebühren dafür bezahlt!

Ein stetiges Problem war aber immer, das viele Originaltexte sehr auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten waren
und die Themen und Anspielungen für deutsche Leser gar nicht nachvollziehbar waren.
Aus dieser Not sind die deutschen Beiträge geboren worden. Das kostete dann ja den Verleger natürlich immer extra 😀

 

MADmag.de
Manche Nachzeichnungen fand ich persönlich als überflüßig. Denken Sie,
das die Zeichner von der Redaktion beschäfigt werden mußten, weil die
Zahl der Zeichner und Texter ja seit den 1970ern stetig wuchs?

Nils Fliegner

Bestimmt nicht! Ausser Feuerstein und Gunter Baars war niemand fest angestellt. Alle waren Freiberufler.
Das heißt, dass MAD ihnen gar keine Anstellung oder Aufträge schuldete. Jemand hatte entweder ein Thema auf Lager
oder die Redaktion brauchte eine bildliche Umsetzung, dann wurde hierfür ein Auftrag vergeben und gut war’s.

Von MAD-Arbeit alleine hat meines Wissens auch keiner der Freien gelebt (ausser vielleicht I. Astalos?).
Manche machten noch was in der Werbung oder im Verlagsgewerbe oder als Teilzeit-Grafiker oder Vollzeit-Irre.
Bei mir lief ja nebenher immer der Zivildienst bzw. das Studium, deswegen war es für mich auch ein ruhmreiches Zubrot.

 

MADmag.de
Was haben Sie nach MAD gemacht? Was machen Sie jetzt?

Nils Fliegner
Während des Studiums habe ich mit Illustrationen für Zeitschriften angefangen.
Das ist neben Verlagsprojekten (Kinder- und Schulbüchern) und gelegentlichen Werbe-Aufträgen
auch immer noch mein Hauptbroterwerb.

MADmag.de
Wie beurteilen Sie die Zukunft des deutschen/US MAD? Hat das Magazin eine Zukunft?

Nils Fliegner
In das amerikanische Heft gucke ich gelegentlich und finde manche der neuen Arbeiten ganz gut,
auch wenn die große Zeit des Magazins wohl vorbei ist.
Die deutsche Ausgabe habe ich vor Ewigkeiten mal in den Fingern gehabt und fand sie schauerlich.
Wenn das Heft immer noch so ist, sehe ich da keine Zukunft.

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Für wie satirisch halten Sie das neue deutsche MAD? Hat es noch was mit Satire zu tun?

Nils Fliegner
Nicht, was ich gesehen habe…

MADmag.de
Kann man neue deutsche MAD mit einer anderen deutschen Publikation vergleichen?

Nils Fliegner
Das alte MAD fand ich ziemlich einmalig und das letzte, was ich vom „neuen“ MAD gesehen habe, einmalig schlecht.
Ist aber, wie gesagt, schon Äonen her…

MADmag.de
Ihr erster Betrag war in MAD #207 „MAD’s Ehrlicher Bundeswehr-Führer“. Sind Sie vom Deutschen MAD eingestellt worden, weil Ihr Stil dem von Paul Coker,Jr ähnelte? Mir gefielen Ihre Zeichnungen immer, weil sie frisch, modern und leicht daher kamen!

Nils Fliegner

Danke für das nette Kompliment!

Ich habe nie gefragt, was dem Red. an meinen Sachen gefiel und ausser auf einzelne Beiträge bezogene Äusserungen haben wir kaum je darüber gesprochen.

 

MADmag.de
Neben Gunter Baars , dem MAD Stammtexter, haben Sie auch Texte von Karsten Loh, Don Bernardo, Frerk H. Neumann oder Björn Kinting illustriert. Gab es Freunde oder Bekannte, die für MAD texte geschrieben haben?

Nils Fliegner
Nein, aber DURCH die MAD-Arbeit war ich zeitweise ganz gut mit Karsten Loh und Frerk Neumann befreundet.

MADmag.de
Frerk Neumann scheint ein interessanter Typ gewesen zu sein. Angeblich war ihm die Satire in Deutschland ein grosses Anliegen. Können Sie mehr über ihn erzählen?

Nils Fliegner

Ja, Frerk kannte ich gut, weil er auch aus Bremen war (und sogar später, als ich nach Hamburg ging, in meine Wohnung gezogen ist).
Er war ein absoluter MAD-Fanatiker, hatte eine komplette Sammlung und war viel mehr in dem Thema drin, als das bei mir der Fall war.
Auch war er sehr umtriebig im Umsetzen neuer Ideen: Wir hatten z. B. mal den Plan einen Comic für das Bundesgesundheitsministerium zu machen.
Da kam der Anstoß von ihm. Oder einen Zeitungscomic über Helmut Kohl. (Nicht nachfragen, ist alles verschütt gegangen und nie erschienen…)

Nach meinem Hamburg-Umzug haben wir uns allerdings aus den Augen verloren.
Sehr traurig war, das weiss ich von seiner Mutter, dass er dann manisch-depressiv geworden ist und letztendlich Selbstmord begangen hat.
Das ist jetzt aber auch schon alles so lange her, dass es mir wie eine Geschichte aus fernen Zeiten vorkommt, die gar nicht mehr wirklich ist…

Ich hatte ihm übrigens alle meine MAD-Originalzeichnungen für sein Archiv geschenkt, aber nach seinem Tod sind diese wieder zu mir gelangt.
So schließt sich der Kreis.

 

MADmag.de
Haben Sie auch Beiträge als „Frank Vielmeister“ verfasst?

Nils Fliegner
Das war, wie gesagt, immer dann der Fall, wenn ein Ursprungs-Text von mir (oder jemand anderem) noch durch Feuerstein und/oder Baars weiterbearbeitet wurde.
Kam hin und wieder vor. Aber fragen Sie mich bloß nicht, welche Texte das waren! Lange vergessen!!!

MADmag.de
Ist es wahr, das Sie nach dem Ausstieg von Herbert Feuerstein, auch MAD den Rücken gekehrt haben oder Konzentrierten Sie sich zu der Zeit mehr auf die Illustration für andere Publikationen?

Nils Fliegner
Ja, ersteres ist wahr. Feuersteins Ausstieg war die Zäsur. „Von da an ging’s bergab“, um es mit Hildegard Knef zu sagen.

 


Das Interview wurde von Michael Elias und Bernd Engel im Mai 2011 per Mail geführt.

Ein Dank geht an Hans Schubert für das Nils Fliegner Porträt Bild.

…und natürlich 1000 Dank an Nils Fliegner!!

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