MADness international – Von Druckerschwärze zu Datenstream

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„What, me worry?“ – Mit diesem Spruch und einem schelmisch grinsenden Gesicht mit Zahnlücke blickte Alfred E. Neuman seit dem vierten Jahr nach dem ersten erscheinen des Magazins in 1952 von den Titeln des US-amerikanischen MAD-Magazins. Millionen Leser rund um den Globus lachten über Parodien auf Werbung, Filme und Politiker. Doch wie gelangte MAD überhaupt in andere Länder – und was sagt seine Geschichte über die Medienverbreitung im analogen Zeitalter im Vergleich zur heutigen digitalen Globalisierung aus?

MADness international – Von Druckerschwärze zu Datenstream

Analoge Anarchie

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Weg eines US-Magazins ins Ausland alles andere als digital. Statt Viralität auf Social Media hieß das Zauberwort: Lizenzierung. Der New Yorker EC-Verlag vergab offizielle Lizenzen an internationale Partnerverlage – ein Prozess, der auf Vertrauen, Print-Infrastruktur und kultureller Übersetzung beruhte.

In Deutschland erschien die erste MAD-Ausgabe im September 1967 beim Verlag Bärmeier & Nikel. Ab der Ausgabe Nr. 32 im Jahr 1973 übernahm Herbert Feuerstein die redaktionelle Betreuung und wurde zur prägenden Figur des deutschen MAD. 

Statt bloß US-Parodien zu übersetzen, etablierte Feuerstein eine eigenständige Redaktion, die deutschspezifische Inhalte wie Werbespots, Franz Josef Strauß oder das öffentlich-rechtliche Fernsehen satirisch aufbereitete.

Ivica Astalos (*1954) war ab 1975 ein zentraler Zeichner und Texter des deutschen MAD-Magazins. Astalos entwickelte unter anderem den „Großen MAD-Almanach“ und veröffentlichte eigene MAD-Taschenbücher, was für einen Nicht-Amerikaner in der MAD-Reihe außergewöhnlich war.

Auch in anderen Ländern erlebte MAD eine kurze Blüte: in Frankreich als Super MAD, in Mexiko, in Großbritannien. Gedruckt, gestapelt und verkauft wurde über Kioske, Buchhandlungen oder im Abo – wie die damalige logistische Struktur es vorgab. 

Die MADness schwappt ins das Digitale 

Ab den 1990er-Jahren geriet MAD ins Schleudern. Die Gründe: sinkende Auflagen, steigende Produktionskosten – und das Internet. Statt eines Monatsmagazins mit sorgfältig gezeichneten Pointen bevorzugte das junge Publikum nun Memes, virale Videos und YouTube-Parodien, die in Echtzeit auf politische Ereignisse reagierten.

Gleichzeitig haben sich global agierende Plattformen im digitalen Unterhaltungssektor etabliert, die mit algorithmischer Sichtbarkeit, Dauerverfügbarkeit und internationaler Nutzerbindung arbeiten: Mitlerweile prägen Cloud-Gaming Anbieter das facettenreiche Bild im Unterhaltungssekor ebenso wie iGaming-Anieter, unter denen Plattformbetreiber mit Lizenzen aus Ländern wie Curaçao oder Malta besonders beliebt sind. Diese gezielt auf eine globale Spielerschaft setzenden Akteure gehören ebenso in die Welt moderner digitaler Unterhaltung wie Twitch, das sich zur zentralen Bühne für interaktive Live-Inhalte rund um Games, Musik, Sport und Events entwickelt hat. 

Und während Print-Ausgaben von MAD in vielen Ländern eingestellt wurden, erlebt das Magazin selbst eine digitale Wiedergeburt auf Plattformen wie dieser.  Archive, Auktionen, Livestreams und digitale Heftarchive machen es Sammlern und Neulingen möglich, MADs Vermächtnis über das Internet global zugänglich zu halten.

2018 stellte die deutsche MAD-Ausgabe ihre Produktion ein. 2019 zog auch der US-Verlag nach. Die Geschichte des Magazins zeigt auch, dass insbesondere Satire immer einen kulturellen Resonanzboden braucht. In analogen Zeiten bedeutete das: Übersetzung, Lokalisierung, neue Zeichnungen. Heute reicht oft ein Hashtag.

MADs internationaler Erfolg war nur möglich, weil Inhalte nicht bloß kopiert, sondern adaptiv angepasst wurden. Die Geschichte von MAD ist die Geschichte des Medienwandels selbst. Vom schwerfälligen Lizenzheft zum flexiblen Meme, von der Redaktionssitzung zur Content-Collab – Satire wandert heute schneller als je zuvor.

Von Heft zu Hashtag

In den 1950er- bis 1980er-Jahren galt MAD als Brücke zwischen klassischem Comic-Strip, Karikatur und gesellschaftskritischer Satire. Mit der Weiterentwicklung digitaler Medien verschieben sich auch die visuellen Ausdrucksformen: Was früher Panel für Panel gezeichnet wurde, wird heute gescrollt, getoucht oder gestreamt.

Dabei hat sich eine neue Form von Comic-Satire hervorgetan – oft reduziert auf wenige Frames oder Sekunden, dafür aber umso pointierter. Während MAD einst mit dem Fold-In auf der Rückseite überraschte, erzeugen Creator heute mit Swipe-Gesten, Animations-Loops oder KI-generierten Cartoons überraschende Effekte. Der klassische Comic ist dadurch nicht verschwunden – er ist ins Digitale migriert und hybrid geworden. Auch MAD ist inzwischen Teil dieser digitalen Archivkultur, in der Retro-Heft, Meme und Mashup nebeneinander existieren. 

 

Quellen:

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