Im Herbst 2019 ging eine Ära zu Ende. Alfred E. Neumanns freches Grinsen, das von einem Segelohr zum anderen reichte, war Geschichte. Nach fast 70 Jahren veröffentlichte der Verlag DC Comics die letzte Ausgabe von MAD. Danach stand nur noch Recycling auf dem Programm. Statt neuen Satiren gab es für uns nur noch ein Best-of der letzten 67 Jahre. Dabei hatte MAD fast sieben Jahrzehnte durchgehalten und so fast allen Stürmen am Magazin-Markt standgehalten. Sein Untergang scheint die späte Rache eines Gedemütigten aus den 1950er Jahren zu sein.
Die Rache des Kaisers
Seinen ersten großen Auftritt hatte Julius Caesar bereits in der 17. Ausgabe des Magazins MAD. Zeichner Harvey Kurtzman verarschte den großen römischen Imperator 1954 gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten der Geschichte. Dieser unbedachte Zug sollte sich noch rächen. Der Kaiser bewies Geduld, doch 65 Jahre später war es dann so weit. Nur stand diesmal eben nicht Julius Caesar am Ufer des Rubikon, sondern unser heiß geliebtes Satiremagazin selbst. Diesmal sind die Würfel endgültig gefallen, MAD ist nicht mehr. Der legendäre Spruch von Julius Caesar begleitete medial den Untergang von MAD. Nach fast 70 Jahren am Markt ist Alfred E. Neumann das freche Grinsen vergangen, er hat seine Segelohren diesmal wohl endgültig angelegt.
Frech, respektlos und ungewöhnlich
Die ungewöhnlichen Comics und satirischen Geschichten waren die Stärke von MAD. Kein Magazin zuvor hatte sich getraut diesen stellenweise debilen Humor so respektlos auszuleben und dabei gleichzeitig so zu begeistern. Schnell wurde die Innovation des US-amerikanischen Cartoonisten und Comiczeichners Harvey Kurtzman Kult.
Der war bereits im Alter von nur 18 Jahren in der Comicbranche aktiv. Sein erster Job bestand darin schwarze Flächen auszumalen. Ob er dabei die Idee zu MAD kam, ist allerdings nicht überliefert. Seine Bosse erkannten sein Talent und schon wenige Jahre später konnte er seine ersten eigenen Arbeiten veröffentlichen. Mit 22 Jahren arbeitete er bereits für den legendären Spider-Man und Iron Man-Schöpfer Stan Lee und dessen Timely Comics. Nach einem Streit mit seinem Chef über sein Gehalt stampfte Kurtzman die Zeitschrift MAD aus dem Boden. Schließlich hatte ihn sein Boss zuvor aufgefordert mehr Hefte zu produzieren. Diese Provokation führte zur Geburt des legendären Magazins.
Der Aufstieg des Heftes begann, Kurtzman glänzte mit seiner scharfen Beobachtungsgabe und deren Umsetzung. Doch sein Verbleib bei MAD war nur von kurzer Dauer. Nach einem Streit mit dem Eigentümer Bill Gaines von EC Comics ersetzte ihn dieser durch den neuen Chefredakteur Al Feldstein. Kurtzman sollte erst viele Jahrzehnte später noch einmal für einen kurzen Abstecher zu seinem Heft zurückkehren. MAD beeinflusste die Popkultur nachhaltig, das erkannte auch die ehrwürdige New York Times an. Die legendäre Zeitung bezeichnete Kurtzman einmal als „eine der wichtigsten Personen Amerikas nach dem Krieg“.
Zahlreiche öffentliche Verabschiedungen
Neue Inhalte sind zwar in Zukunft nicht ganz ausgeschlossen, sie sollen jedoch nur noch in den Sonderbeilagen zum Jahresende erscheinen. Das bedauern nicht nur wir die Fans, sondern auch zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus allen Gesellschaftsschichten. Schließlich sind auch sie mit MAD aufgewachsen. Es ist immer noch unvorstellbar einen Blick auf das Geschehen zu werfen, ohne dessen bissigen Humor.
Das sieht auch der Simpsons-Autor Josh Weinstein so. Er verabschiedete MAD mit einem „Goodbye, MAD Magazine“. Er bedankte sich im Namen von zahllosen Generationen von Comedy-Autoren für die Inspiration und das Lachen. Für ihn sei das Heft an einem bestimmten Punkt seines Lebens „das Größte überhaupt“ gewesen. Gastredakteur und Parodist-Legende Weird Al Yankovich zeigte sich ebenfalls zutiefst traurig. Der Mann, der schon Michael Jackson erfolgreich durch den Kakao gezogen hatte, bezeichnete das MAD Magazin gar als entscheidenden Einfluss für seine Karriere. Er könne gar nicht beschreiben, welche Wirkung das Heft auf ihn gehabt hätte. MAD sei einer der Gründe dafür, dass er „weird“ geworden war.
Leider war das Ende von MAD absehbar geworden. Zu seiner besten Zeit hatte das Heft immerhin zwei Millionen Abonnenten. Doch auch die Satirezeitschrift musste den Entwicklungen am Zeitungs- und Magazin-Markt Tribut zollen. Die Auflage sank kontinuierlich auf nur noch 140.000 im Jahr 2017. Über Generationen hinweg war MAD Kult gewesen, jüngere Generationen an Lesern konnten jedoch immer weniger damit anfangen. Mit der Einstellung endete die große Karriere von Alfred E. Neumann.
Sehr, sehr schade. Ich war immer ein großer Freund von Alfred E. Neumann und habe die Satire mit Genuss und Wonne gelesen, regelrecht verschlungen.
Haltet die Ohren steif und irgendwann lesen wir uns wieder…
Viele Grüße
Benno
Hoffentlich gibt es irgendwann ein Revival!
Mad Magazin war für mich ein Teil meiner Kindheit
Ja, für viele von uns war es aus der Kindheit nicht wegzudenken. Die neuen Medien haben leider gesiegt 🙁
MAD tot, Herbert Feuerstein tot – jetzt werde ich endlich anfangen, sämtliche deutsche Ausgaben zu sammeln.